Serbische Bohnensuppe

02.05.2020

Nun ist der siebenundvierzigste offizielle Tag des Corona-Wahnsinns. Wir sind auf dem Weg zur neuen Normalität, sofern die Lockerungen keine neuerlichen Rückfallquoten hervorrufen. Ich schreibe Rezeptidee Nr. 85. Ich trage das Altpapier zum großen Container. Nachdem Chef heute wieder arbeiten ist, kann ich nicht widerstehen, als eine der Hochglanz-Frauenzeitschrift oben auf liegt. Heimlich stecke ich diese in mein Sackerl und trage sie nach oben. Schauen wir mal, was die Frauenwelt so bewegt.

Schon etliche Seiten habe ich gelangweilt überblättert. Wer mit wem und warum hat mich noch nie interessiert. Deshalb kaufe ich solche Zeitungen auch nicht. Aber dann kommt ein spannendes Thema: Wie bekomme ich die Corona-Kilos wieder runter? Ein interessanter Artikel, da gestern ohnehin meine Waage mit mir gestritten hat. Sie war fix überzeugt, wir stehen zu zweit auf ihr. Und das noch dazu ohne Abstand. Dann schauen wir mal, welche Tipps es so gibt.

Kaum habe ich die Nummer gewählt, läutet es an der Tür. Draußen steht ein braungebrannter, durchtrainierter, junger Mann. Mein persönlicher Personalcoach. Sein knappes T-Shirt lässt einen Blick auf den stählernen Sixpack frei, seine hautenge, dunkelblaue Radlerhose.... Lassen wir das. Anscheinend war er über die Corona-Zeit in einem Fitness-Center gefangen. Ich quäle mich in meine Sportschuhe. Nun gut, Sportschuhe ist etwas übertrieben. Sagen wir mal bequeme, ausgelatschte Schlapfen. Er geht schon mal runter und dann laufen wir nach links, ruft er mir noch zu.

Als ich beim Haustor ankomme, ist er nicht mehr da. Ich schaue nach rechts - sorry, verwechsle schon seit Kindertagen die beiden Richtungen. Dann nach links. Kein Trainer zum Sehen. Wo ist der bitte? Gut, dass ich ihn noch nicht bezahlt habe. Plötzlich steht er hinter mir. Wo ich bleibe, er ist schon zweimal um den ganzen großen Häuserblock gelaufen. Achso, ich bin doch gerade mal vom ersten Stock auf die Straße gekommen. Jetzt hetzt er mich aber schon. Ich denke es ist besser, wir lassen das Ganze, verabschieden uns und ich gehe wieder zu meiner Zeitung. Versuch Nummer 2.

Der Typ schaut schon gemütlicher aus. Lachfältchen umranden seine blauen Augen. Muskeln sind bei ihm eher innen ausgebildet. Er ist auch nicht wirklich Personaltrainer, meint er, sondern eher Lebensberater. Spezialgebiet: Sportliche Betätigung in den eigenen Wänden. Sozusagen der Aufbau für den drahtigen Personaltrainer von vorhin. Wenn er mit mir fertig wäre, dann würde der Typ von Anzeige 1 wieder vorsprechen. Kurz behauptet er noch, ich hätte die Anzeige verkehrt gelesen. Ich will aber jetzt nicht streiten, also schaue ich ihm zu, wie er seine kleinen Hanteln, seine Gummibänder und die Yogamatte auspackt.

Er fängt an. Wendet und krümmt sich, hüpft und dehnt sich in alle Himmelsrichtungen. Ich sitze gelangweilt auf der Couch, die Füße ausnahmsweise am Tisch.

Vor lauter Anstrengung habe ich Chef ganz übersehen, der in einer Arbeitspause zum Essen nach Hause kommt. "Geht es dir nicht gut?"

"Warum?"

"Weil du sonst nie in dieser "Ich-tue-nichts"-Haltung da sitzt. Gibt es kein Essen?"

"Doch steht am Herd. Brauchst nur aufwärmen. Brot ist in der Dose. Und jetzt stör mich nicht weiter," ich fahre mir mit dem Handrücken theatralisch über die Stirn, "ich mache gerade Sport!"

Heute in Renates Krisenkochbuch:

Serbische Bohnensuppe

Ich nehme von meinen Vorräten:

  • Weiße Bohnen aus der Dose (oder getrocknete Bohnen über die Nacht in Wasser einweichen und kochen)
  • Speck (habe den gewürfelten von Handl Tyrol)
  • Wurstreste
  • Zwiebel oder Lauch oder Schalotten
  • Knoblauch
  • Schuss Essig
  • Paprikapulver
  • Salz, Pfeffer
  • Lorbeerblatt
  • Majoran
  • Kümmel
  • mehliger Erdäpfel, klein geschnitten (wer möchte, verleiht der Suppe eine natürliche Bindung, dann braucht man m.E. keinen Rahm oder sonst was einrühren)

Zwiebel anrösten. Speck und/oder Wurstreste, Knoblauch, Erdäpfel dazu. Paprikapulver kurz einrühren, mit einem Schuss Essig ablöschen.

Bohnen aus der Dose abgießen (ich wasche die immer gut durch, mag den Saft nicht, in dem die liegen). Dazu geben. Alles mit einwenig Wasser oder Suppe aufgießen. Gewürze dazu.

Ca. 20 Minuten köcheln lassen

Eventuell etwas Rahm einrühren.

Dazu passt ein gutes Bauernbrot, frische Semmeln oder wie bei uns Toastbrot.

Mahlzeit. Bleibt gesund!

Wien, 02.05.2020