Pute natur mit Reis

12.05.2020

Nun ist der siebenundfünfzigste offizielle Tag des Corona-Wahnsinns. Wir sind jeden Tag mehr auf dem Weg zur neuen Normalität. Ich schreibe Rezeptidee Nr. 96. Übrigens, seit 01.05. dürfen unsere Busse wieder rollen. Heute Nacht war es heftig. Zuerst läutete es an der Tür und der Postler brachte mir einen großen Blumenstrauß, in dem ein Kuvert steckte. Von unserem Energieanbieter.

Im Kuvert steckte ein rosa Briefpapier mit Blümchen, Herzchen, Marienkäferchen und lustigen Fröschchen. Ein Dankeschönschreiben. Chef und die Krisenköchin sind gelobt worden, dass wir zu Corona-Zeiten mehr als 97 % zu Hause waren und für einen Mega Umsatz des Energieanbieters gesorgt haben.

Mehr als 14 Stunden täglich Fernseher, Zimmerbrunnen und Computer, dazu die viele Herdbenutzung und das Öffnen der Kühlschranktür. Sie bedanken sich herzlich für die Unordnung im Hochschrank, somit war die Türe immer lange offen, bis wir gefunden haben, was wir suchten.

Als Dankeschön gibt es für die Krisenköchin einen Blumenstrauß. Und für Chef ein Gutscheinheft - bei der nächsten Krise kann er sich weitere Elektrogeräte kostenlos ausborgen, denn es würde noch mehr gehen.

Verdattert sitze ich im Wohnzimmer. Schöne Blumen. Ich drehe Facebook auf. Wow, da hat sich ja richtig was getan bei den Nachrichten. Tausende lacht mich das Ding an. Uj, so berühmt ist mein Krisenkochbuch, jetzt am Beginn der neuen Normalität? Schön, dann hat sich meine Arbeit ausgezahlt.

Ich beginne zu lesen. Nein, keine Dankesschreiben. Es sind reine Hasstiraden. Aus aller Welt werden wir angeprangert, wie viel Strom wir zu Corona verbraucht hätten. Wegen uns würden Seen austrocknen, Kohle vollständig abgebaut sein und sich sogar der Wind in die andere Richtung gedreht haben. Wir werden beschuldigt am nächsten Atomunglück maßgeblich beteiligt zu sein. Ob denn wirklich jeden Tag frisch gekocht werden muss? Man könnte doch auch den Lieferservice anrufen. Das wäre weitaus umweltfreundlicher.

Und dann noch die Fotos! Wer denkt an den Akkuverbrauch, die Umweltbelastung. Und überhaupt, wer die Fotos braucht. In der Gastronomie gäbe es ja schon allgemein gültig vorgefertigte Fotos, da müsse man nicht immer neue machen.

Ich schrecke auf. Bin schweißgebadet. Ich zittere vor Angst. Es ist stockdunkel. Mit schlechtem Gewissen schaue ich auf den Radiowecker: 01:35. Chef schnarcht neben mir.

Uff, war nur ein Traum. Eigentlich würde ich jetzt gerne duschen gehen. Aber soll ich das wirklich? Oder trete ich wieder einen Shitstorm los? Bin ich am hohen Wasserverbrauch schuld? Ist mein Duschbad ohne Tierversuche? Verstopfe ich mit dem Dreck die Abflussrohre? Muss ich unbedingt alle paar Tage Haare waschen?

Doch! Jetzt erst recht! Chef steht vor der Badezimmertür: "Spinnst jetzt ganz? Mitten in der Nacht duschen?" Ich habe ihm dann den Blumenstrauß, den Brief und die Facebookpostings gezeigt...

Heute in Renates Krisenkochbuch:

Pute natur mit Reis

Ich nehme von meinen Vorräten:

  • Putenschnitzel
  • Salz
  • Currypulver
  • Öl
  • Pfeffer
  • Reis
  • Wasser

Reis kochen: Reis waschen und gut abtropfen. In einem Topf mit 1-2 EL Butter andünsten, mit Wasser (1 Tasse Reis: 1 1/2 Tassen Wasser) aufgießen. Salzen. Einmal aufkochen lassen und dann rund 20 Minuten auf kleinster Flamme ausquellen lassen.

Putenschnitzel gut waschen, mit Küchenpapier trocken tupfen. Mit Salz, Pfeffer und Curry würzen.

Öl erhitzen und die Schnitzel von jeder Seite etwa 5 Minuten anbraten.

Putenschnitzel mit Reis anrichten. Nach Belieben mit dem Bratenfond übergießen.

Dazu passen gedünstetes, gekochtes Gemüse sowie alle Arten von Salat.

Mahlzeit. Bleibt gesund!

Wien, 12.05.2020